leuchtendes Weiß
LaWe
Winter – Winter und kein Ende in Sicht? Für mich als Norddeutsche eher außergewöhnlich.
Ab und zu schau ich mir Frühlingsbilder an, damit ich mir die grüne Farbe der Natur wieder in Erinnerung bringen kann. Aber vorerst ist wieder eine Schneewalze angesagt.
LaWe
“Falls sie mich telefonisch nicht erreichen, übermitteln sie mir den Temin über den Anrufbeantworter oder meine Mailbox” bitte ich die Kollegin einer Elektrofirma, die von meiner Wohnungsgesellschaft beauftragt wurde, die desolaten Steckdosen in meiner Wohnung auszutauschen. “Der Kollege ist erst am Montag aus dem Urlaub zurück, denn meldet er sich bei ihnen” Das war Mittwoch
Klare Absprache, klare Sache, so haben wir es immer gemacht. Die überfällige Reparatur der wackligen Steckdosen habe schon etwas länger schleifen lassen, da kommt es auf ein paar Tage auch nicht mehr an. Am Donnerstag Abend brummt mein Handy während der Yogastunde. Natürlich kann ich nicht ran gehen. Erst auf dem Heimweg sehe ich nach, was es gab. Es war die Elektrofirma, die mich gegen 19 Uhr erreichen wollte. Komisch…so spät noch? Ich prüfe meine Mailbox, nichts zu finden.
Zu Hause angekommen, schaut mein Festnetztelefon mich schon blinkend an. Aha..ein Anruf, der nicht angenommen werden konnte. OK..das war auch die Elektrofirma. Vielleicht wurde mir ja eine Nachricht auf den AB gesprochen. Komisch, ich denke der Elektriker ist in Urlaub, warum er noch Abends so einen Stress macht, das wundert mich etwas. Der Elektriker war ja nicht das erste mal bei mir und da machte er auf mich eher einen gemütlichen Eindruck. Während er die Steckdosen austauschte, kochte ich für uns noch einen Kaffee und wir quatschten nebenbei über Gott und die Welt. Eine Nachricht auf dem AB – Fehlanzeige. Ok..dann rufe ich morgen Freitag Vormittag in der Firma an, um zu erfahren, was es so dringendes gab.
Noch tief in meinen Morgenträumen versunken, höre ich aus de Ferne mein Telefon klingeln. Nummer ist mir nicht bekannt, auf den ersten Blick. Ok..fall´s es was wichtiges ist, mein AB ist immer bereit eine Nachricht aufzunehmen. Der Traum geht weiter, will ihn ja zu Ende träumen, das klingelt es, jemand will ins Haus. Weil mein Klingelknopf ganz unten ist, bin ich immer die erste, die angeklingelt wird, wenn jemand ins Haus will, der keinen Schlüssel hat. Und anschließend bin ich die erste, der man ein Zeitungsabo andrehen will. Nene..darauf habe ich keinen Bock, ich bin noch in meinen Träumen von einer besseren Welt. Der Klingler ist aber penetrant, aber unangemeldet und noch im Nachthemd empfange ich niemanden. Die Elektrofirma kann es ja nicht sein, denn ein Termin wurde mich ja nicht übermittelt.
OK..ich träume weiter, der Klingler hat sich wohl eine andere Familie ausgesucht, die ihm Einlass gewährt. Meine Klingel ist still.
Fast komme ich mir vor wie “Werner” von Brösel.
Eine Szene wiederholt sich ständig. Werner liegt in der Klinik und träumt im Morgengauen von heißen Bräuten unter Palmen. “Guten Mooorgeeeen” eine schrille Stimme begrüßt Werner den Kranken und grelles Licht weckt ihn. Die Krankenschwester, sie will den Puls nehmen. Werner hält den Arm hin und wartet darauf, das sie Krankenschwester schnell wieder geht. Sie geht, jedoch ohne das Licht auszuschalten. Im grellen Licht kann Werner nicht träumen, deshalb steht er auf und geht den langen, langen Weg zum Lichtschalter, macht das Licht aus und träumt wieder von heißen Bräuten unter Palmen. Die heiße Braut hat sich in seinem Traum noch nicht ganz entfaltet, da weckt ihn eine schrille Stimme mit einem derben “Guten Moooorgeeeeen” und im selben Moment wird das grelle Licht wieder angemacht. Die Traumblase zerspringt wie eine Seifenblase. Werner muss sich Wischiwaschi gefallen lassen. Auch diese Krankenschwester macht das Licht nicht aus. Werner geht wieder den langen langen Weg zum Lichtschalter und macht das Licht aus um ihn Ruhe weiter zu träumen.
Irgendwie habe ich das Gefühl, das mein Handy brummt. Oh shit..wieder vergessen, das Handy nach der Yogastunde auf laut zu stellen. Schlaftrunken greif ich nach dem Handy. Vielleicht ist ja Sohnemann, aber die Nummer kenne ich nicht. Puh..der Anrufer hat mein Handy schon richtig durch genudelt, aber auf der Mailbox keine Information. Wer zum Teufel war denn das?
Verschlafen gehe ich ungern an´s Telefon, denn ich mag auf die Frage: “Hab ich sie geweckt?” nicht antworten . Also mache ich mich erst frisch, duschen und so. Ich bin noch mit meiner Körperpflege beschäftigt, da bimmelt es schon wieder, diesmal auf meinem Festnetz. Noch mit nassen Füssen sause ich durch Zimmer, um das Telefon zu suchen. Bevor ich dran bin, ist der Anrufer wieder weg. Eine Nachricht auf dem AB gab es nicht. Ich erkenne die Tele-Nummer der Elektrofirma und rufe gleich zurück, will wissen, ob irgendwo die Luft brennt.
“Warum haben sie nicht auf gemacht” herrscht mich die Stimme auf der anderen Seite an. Das kann auf keinen Fall der nette Elektriker sein, der sonst die Aufträge meiner Wohnungsgesellschaft erledigt. Der ist ruhig und charmant. “Hab ich denn für heute einen Termin von ihnen bekommen?” Jetzt will ich es aber wissen. “Nein” antwortet er. Er bestätigt, was ich auch weiß. Noch kein Termin vereinbart, also keinen Termin. “Ich hab an ihrer Tür geklingelt, auf ihrem Festnetz angerufen und auf ihrem Handy. Die Fenster waren angekippt, sogar ich hab ihre Klingel draußen gehört.” Ich glaube, er scheißt mich grade zusammen. “Ja, wer sind sie denn überhaupt?” will ich wissen. “Ihr Kollege wollte sich doch erst nächste Woche melden, weil er im Urlaub ist”.
“Ja..er ist in Urlaub. Ich wollte ja nur mal gucken” Nur mal gucken? echot es in mir nach und das unangemeldet? Die Firma liegt außerhalb von Rostock “Was wollten die denn machen, wenn sie nichts reparieren wollten?” frage ich. “ich wollte gucken, was auszutauschen ist” Das ich das schon seiner Kollegin gesagt habe, muss ich nicht wiederholen, denn er liest mir jetzt den Auftrag genau so vor. “Genau. Das sind Steckdosen aus den 80iger Jahren und fallen bald auseinander” “Ok – ich verstehe, das sind die alten Ossi-Steckdosen”. “Genau” bestätige ich ihm. “Und was nun?” frage ich. Er gibt mir das Gefühl, als hätte ich es mir mit der Elektrofirma auf Ewig verscherzt und ich nun wohl mit den klapprigen Dingern weiterleben muss. Mit dieser offenen Frage verabschieden wird uns.
“Was war daaaaas denn?” frage ich mich den halben Vormittag.
“Das war ein besonders diensteifriger Mitarbeiter, der dummerweise bei mir seine Nummer nicht durchziehen konnte. Vielleicht vertritt er einen Chef, der in Urlaub ist und dreht deshalb an den Knöppen” Na..ich warte ab und bin neugierig, was sein Kollege dazu meint.
LaWe
“klar, ich sehe das Bild richtig vor mir” töne ich selbstsicher. “ich hab´s vor Jahren eingescannt” Mein Neffe wollte ein Bild seines Opas haben und horchte sich in der Familie um
Damit leitete ich eine umfangreiche Suchaktion quer durch meine Bildarchive ein. Sie sind verteilt, auf dem PC und CD´s, in Alben, Fototaschen und Keksdosen, die im Keller liegen, in Schubladen und sonstige Winkel, wie Schränke. Zuerst nahm ich mir die Speichermedien vor und graste alle Verzeichnisse meines PCs ab. Ich hab das Bild vor Augen, aber nicht auf meinem PC. Dabei schleppte ich alle bisher gescannten und digital fotografierten Bilder von einem PC zum anderen.Mit der Digitalen fotografierte ich jeden Stein, so spannend fand ich die Technik. Entsprechend umfangreich ist die Sammlung. Die Masse der Bilder mit Tag´s zu archivieren, fiel mir damals nicht ein. Dafür fällt das Auffinden von Bildern schwer. Ich durchsuche eine gefühlte Anzahl von Millionen Bilder. Ich hab´s vor Augen, aber nicht auf meinem PC.
Ok..dann die CDs…zum Glück mit Verzeichnis und ich kann zielgerichtet alle abgrasen, aber nichts zu finden. Unverständlich für mich, dass ich alle Bilder aus den Alben und Keksdosen meiner Eltern scannte, nur dieses eine nicht ? Vielleicht hab ich´s ja nur vergessen. Also ab in den Keller. Ich trage zwei prall gefüllte Taschen mit echten Bildern der Alt- und Neuzeit in die Wohnung. Kurze Zeit später steck ich nicht nur über die Ohren zwischen alten kleinen mickrigen Schwarzweiß Bildern von damals und farbenprächtigen Bildern der Neuzeit, ich stecke wieder tief in meiner eigenen Vergangenheit. Achja..wie jung ich damals doch aussah. Es ist immer das selbe Phänomen, wenn man sich auf alten Bildern sieht. sieht jung aus, ist jedoch altmodisch gekleidet. Heut hat sieht man alt aus, dafür ist man aber modern gekleidet.
Plötzlich halte ich ein gut gemachtes, großes Foto in der Hand, das aus der Zeit meiner Tätigkeit als Lehrausbilderin stammt. Oh mein Gott, was habe ich mich damals gequält. Ich wolle den jungen Menschen etwas bei bringen, wusste aber nicht wie. Selbstzweifel beherrschten mich fast täglich und zogen mehr Kraft als nötig von mir ab. Mit auf den Bild mein damaliger Chef, wir beraten grade darüber, wie wir das Fahrrad neu erfinden. Man nannte es damals die Messe der Meister von morgen und sollte den Drang der Jungend nach Neurungen unterstützen. Viele Visionen meines damaligen Chef´s wurden von den Mitarbeitern belächelt. Doch beeindrucken lies es sich damals davon nicht. Der Chef von damals tauchte vor ein paar Wochen wieder in meinem Leben auf. Nach mehr als 20 Jahren sehen wir nicht mehr so jung aus, aber dafür sind wir modern gekleidet und machen uns das Internet zu nutze, um über die alten und neuen Zeiten zu reden und dies auch sicher fortsetzen werden. Wir haben ein Stück gemeinsame Vergangenheit, das verbindet.
Nachdem eine Person aus der Vergangenheit wieder auftauchte, sollte nun auch endlich das Bild von meinen Vater auftauchen, tut es aber nicht. Ich hab´s vor Augen, aber nicht in meinen zahlreichen Bildarchiven. Mein Vater war ein Angler aus Leidenschaft und diese wurde einen Sommer besonders gut belohnt. Wenn er sonst mit Plötzen und Barschen nach Hause kam, brachte er in diesem Sommer große Hechte mit. Für die Familie ein kostenloses Festessen. Vorher wurde für die Nachwelt und als Beweis, dass die Hechte wirklich so toll waren, von uns Kindern ein Foto gemacht. Mein Vater musste seinen Oberarm nicht als Längenmaß angeben, was eh keiner geglaubt hätte. Angler übertreiben angeblich gern mal.
Wenn das Bild nicht bei mir ist, wo ist es dann? Ich nahm vor Jahren alle Bilder an mich, als mein Vater verstarb und damit unser elterliche Haushalt aufgelöst wurde. Mein Bruder hat auch einiges mit nach Haus genommen. Vielleicht hat er das Bild. Auch er stöbert alles durch. “Ich weiß, wie es aussieht, ich hab es aber auch nicht” Komisch, weil die Anzahl der Bilder die wir damals machten im Laufe der Zeit vergleichsweise zu heute gering war, prägte sich jedes Bild auf Ewig in unseren Köpfen ein.
Jetzt wird meine Schwester aktiv und stöbert in ihren Archiven und siehe da, es taucht aus. Sie hat es..alle sind erleichtert, das Bild ist doch da. Es hätte uns allen weh getan, wenn die tollen Hechte von damals ins Nirwana verschwunden wären. Nun kann mein Neffe seinen Opa mit den Hechten seinen Schwiegereltern zeigen, denn das war der Grund, warum er danach fragte und seine ganze Familie zum Suchen brachte.
LaWe
Woran ich oft denke?
An meine Tage natürlich. Aber nicht die Tage, an die jetzt der Leser vielleicht denken mag, sondern ich denke an die Tage, die schon hinter mir liegen und an die Tage, die noch vor mir liegen. Was hinter mir liegt, weiß ich – klar, aber was noch vor mir liegt, das weiß ich nicht, es sei denn, ein Hellseher sagt mir mein Schicksal voraus. Und wer daran glaubt, wird selig ;-).
Schicksal..wie das klingt. bumm bumm bummm…bumm bumm buuummmm.. Das Schicksal klopft in Beethovens 5. Sinfonie ganz dramatisch an die Tür. Bei dem düsteren Klang würde ich die Tür wahrscheinlich nicht öffnen, da ist nichts gutes zu erwarten. Mit dem dramatisch klingenden Klopfgeräusch würde sich bei mir sicher niemand ankündigen, um mir eine positive Mitteilung, z.B. ein Fünfer im Lotto oder so – zu überbringen. Apropos Lotto..ich hab heut mal wieder einen Lottoschein ausgefüllt..nur ein Feld und damit die heimliche Hoffnung eingewebt, einem Hauptgewinn zu landen. Damit hätte ich im wahrsten Sinne des Wortes das große Los gezogen. ;-)
Was ist überhaupt ein Schicksal? Wenn sich nur durch ein Ereignis das Leben komplett ändert ? Ein Fünfer im Lotte würde sicher mein Leben von Grund auf umkrempeln. Ein Häuschen mit Garten..sowas in diese Richtung – ja..solch biedere Wünsche hätte ich an das Schicksal. Vielleicht mein Elternhaus zurück kaufen? Das wäre ein weiterer Hauptgewinn – zurück zu den Wurzeln.
Gibt es wirklich schicksalhafte Begegnungen mit Menschen? Eine frühere Kollegin von mir traf vor Jahren einen Mann. Er kam, sah und siegte. Sie verstaute ihren ganzen Krempel in den Umzugswagen und fuhr mit fliegenden Fahnen zu ihm, in seine Heimat, die weit entfernt von ihrer war. Was aus der schicksalhaften Begegnung wurde, erfuhr ich nie.
Rückwirkend gesehen registrierte ich das Schicksal, wenn es mir einen Schlag in den Nacken versetzte, aber nicht, wenn es mich auf Händen trug oder ich bemerkte ich es nicht.
Doch die Frage aller Fragen ist ja, welches Schicksal wartet in Zukunft auf mich?
Werde ich vor langer Weile sterben?
Oder werde ich noch einmal so richtig an den Knöpfen drehen? Vorausgesetzt, ich bekomme solch bedeutenden Knöpfe in meine Reichweite. Oder werde ich in tiefer Meditation mich aus der realen Welt beamen, um mir eine anderes, zweites, neu geschaffenes, Leben zu visualisieren?
Egal, was ich denke, es kommt immer anderes, als man denkt und ein lockerer Spruch aus alten Zeiten kommt mir bei all dem Denken wieder in den Sinn.
Denke nie gedacht zu haben, denn das Denken der Gedanken ist gedankenlose Denken.
Ich werde mich immer dem Schicksal fügen müssen, ob ich will oder nicht.
LaWe