nichts als die Wahrheit
“Du hast ein Aggressionsproblem” sagt mir mein Gegenüber. “Waaaasss iiiiccch ???????????” meine Augen wurden dabei wie Tennisbälle so groß. “Ja, du “ bestätigt mir mein Gegenüber. “Ich ????” Ich werte im Kopf und wehre ab. Ich und aggressiv, tzzzzz.. Ich, die sich lieber den Finger abbeißt. als mit der Faust auf den Tisch zu hauen. Will ja niemand zu erschrecken.
Mein Gegenüber ist mein Trainingspartner und wir üben uns in der Aikido-Waffentechnik. Damit er sich in der Abwehr üben kann, soll ich ihm mit dem Holzschwert eins über den Schädel ziehen. Mit dem Holzschwert in der Hand, bereit zum Angriff, er fixiert mich und schickt diesen Satz wie einen kleinen Pfeil schon mal ins Kampffeld, auf das wir uns gleich begeben werden.
“Ja…du hast ein Aggressionsproblem” bestätigt er noch mal. Was mein Gegenüber damit auch immer meint, das ist mir jetzt egal, es macht mich wütend und ich schwinge das Holzschwert, ziehe ihm damit einen über den Schädel. In der ersten Stufe hat meine Gegenüber nur die Aufgabe, dem Schlag geschickt auszuweichen. Mein Holzschwer pfeift durch die Luft, zerschneidet sie, verschont aber den Kopf des meines Gegenüber und sinkt dann zu Boden. Die Luft ist raus.
“Jetzt hast du kein Aggressionsproblem mehr” sagt mein Gegenüber und freut sich, dass ich es durchgezogen habe und er mir meine Aggression bewusst machen konnte. Stimmt, als ich das Holzschwert durch die Luft sauen lies, da fühlte ich mich für einen Bruchteil von einer Sekunde befreit von etwas, was ich nicht fassen konnte. Und irgend etwas in mir fühlte sich leichter an.
Stimmt, ich hatte wie andere auch, Aggressionen, die jedoch kein Ventil fanden um Dampf abzulassen. Ich war gehemmt und konnte sie daher nicht raus lassen. Aggressiv zu sein, so wurde mir im Elternhaus erklärt. ist was schlechtes, eine ganz schlechte Eigenschaft und überhaupt mögen die Menschen die ganz lieben Menschen viel lieber. Ich wollte immer ein liebes Mädchen sein und so bei meinen Mitmenschen auch immer beliebt sein. Aggression gab es für mich nur bei den anderen zu sehen und Konflikten wich ich aus.
Eine quälende Migräne begleitete mich während der letzten Tagen im schnellen Umschwung von Winter auf Frühling. Erst drückte die Migräne mich nieder, machte mich fast blind und verschob mich in die Dunkelheit, statt mich den warmen Sonnenstrahlen auszusetzen. Schmerzt der Kopf, schmerzt auch der Magen, ja sogar die Seele, die in der Dunkelheit gern alles aufarbeitet, was mir schon wochenlang im Magen lag. Im Höhepunkt der Migräne kommt der stechende Schmerz in die rechte Schläfe..Stich..Stich und noch ein Stich. Ein überdimensionales Stechinsekt brummt in und um meinen Kopf und sticht mit seinem Stacheln in die Gefäße, die direkt unter der linken Schläfe liegen. Dann die Ruhe, die Stille, die auch eine fallende Feder hörbar macht , nichts als Ruhe im Kopf . Ich stiege wie Phönix aus der Asche aus meinem Bett und wieder gestärkt ins Leben wieder ein.
Wie der Zufall es so will, fällt mir vor 2 Tagen ein Buch in die Hand in dem das Phänomen der Migräne aus einer anderen Sicht dargestellt wird. Migräne ist ein Orgasmus im Kopf. “Waaaaaaasss ???” wieder weiten sich meine Augen so groß wie Tennisbälle. Ich fühle mich vor einem Spiegel stellt, der mir mehr zeigt, als nur die Falten im Gesicht und die Kleidung, die ich trage. “Oooooooorgaaaaamus im Kopf ??????” hallt es in meinem Kopf nach – welch ein absurder Vergleich. Die Erklärung des Autors besagt, das unterdrückte Aggression und Sexualität in den Kopf verlagert werden und dort explodieren können, das der pochende Migräne Anfall sozusagen ein orgasmischer Kopforgasmus ist. Puhh..das muss sich bei mir erst mal setzen. Zu viel innere Empörung hat diese These bei mir aufgewirbelt, doch das Gelesene wirkt nach.
Und da ist es wieder. Ich hab angeblich wieder mal ein Aggressionsproblem und nicht nur das, zumindest laut der These des Autors. Er empfiehlt, sich den aktuellen schmerzlichen Fragen des Lebens zustellen, die mir schwer im Magen liegen und im wahrsten Sinne des Wortes Kopfzerbrechen bereiten.
Und mit ehrlicher Betrachtung gesagt, beherrschen gegenwärtig diese Themenkomplexe mein Leben. Um den vergangener Zeit sichtbar gewordenen Konflikt zu löschen, bedarf es meiner seit´s ein gewisses Aggressionspotential, um mit Entschlossenheit handeln zu können. Auf der anderen Seite bin ich im Nichthandeln erstarrt. Mir fallen plötzlich die Schuppen von den Augen und ich sehe mich wieder unentschlossen und zögerlich mit dem Schwert in Hand auf der Matte stehen und traue mich trotz innerer Wut nicht, das Schwert einmal durch die Luft sausen zu lassen.
LaWe