keinen Appetit mehr

“Was süßes braucht der Mensch”…das beruhigt und bringt gute Laune und der Schokolade sagt man nach, dass sie sogar glücklich macht. Ein paar Glückshormone im grauen Alltag, wer möchte das nicht und wenn diese dann aus der Schokolade kommen, kann man sie sich sogar für wenig Geld aus dem Supermarkt holen.

Doch nach dem Dokumentation von Arte “Schmutzige Schokolade” ist für mich auf unbestimmte Zeit der Appetit auf Schokolade vergangen und selbst das schlägt mir bitter auf den Magen. Denn wenn ich mich als Verbraucher verweigere, kann das Folgen haben, im positiven wie im negativen Sinne. Wäre es im positiven Sinne, dann könnte das Leid vielleicht ein Ende haben. Darauf hofft jedenfalls der Journalist, der sein Leben auf´s Spiel gesetzt hat, um uns dieses Leid vor Augen zu führen.

Meine Nerven waren während der Dokumentation zeitweise viel zu schwach, um mir die ganze Wahrheit mit den offenen Augen anzuschauen. Zeitweise musste ich mein Mitgefühl aus meine Seele koppeln, das mich das gesehene ertragen kann. Ich war nicht nur erschüttert – nein ich war geschockt.

Damit die Kakao-Plantagen möglichst preiswert bewirtschaftet werden können, müssen Kinder die körperlich schwere Arbeit machen. Sklavenhändler durchreisen das Land in und um der Elfenbeinküste, locken oder fangen Kinder aus den abgelegenen Orten ab 8 Jahre und verschleppen sie mehr als 1000 Km an die Elfenbeinküste. Wie Sklaven werden sie weiter gehalten. Ernährt werden sie nur notdürftig, sie erhalten keinen Lohn und werden mit Schlagen zu bis zu 12 Stunden Arbeit am Tag gezwungen. Für 230 € sind die Sklavenhändler bereit, Kinder für diese schwere Arbeit  zu beschaffen. Das ist die einzige Investition, die ein Plantagen-Bauer einsetzen muss – naja….und dann das Kind soweit am Leben zu erhalten, dass es 10 Stunden am Tag wie ein Tier arbeiten kann.

Flüchten die Kleinen, werden sie mit einem großen Aufgebot gejagt und wieder eingefangen. So was wie Menschenrechte gibt es für sie nicht.

Im Ministerim des Landes kennt man das Problem, doch “sie können damit umgehen” – so sinngemäß der Minister. Der Vertreib an der Elfenbeinküste behauptet, das wären nur Einzelfälle und die Schokoladenindustrie in Europa und Deutschland will davon schon gar nichts wissen. Das Bildmaterial der Journalisten – er hatte sein Leben bei seinen Recherchen auf´s Spiel gesetzt – wollten sie sich schon gar nicht ansehen und Stellung dazu nehmen auch nicht und das, obwohl alle maßgeblichen Schokoladenfabrikanten international gemeinsam ein Abkommen unterschrieben, aus dem hervor ging, dass von den Plantagen, in der Kinderarbeit maßgeblich an Anbau und Ernte beteiligt sind, keine Ware mehr abnehmen.

Und dies wollte ein Journalist überprüfen und fand sich auf Plantagen wieder, auf denen Kinder mit einer riesen Machete Kakaofrucht von den Bäumen schlugen und anschließend schwere Lasten transportieren mussten.

Bei dem Anblick zerreißt es einem das Herz und die Schokolade schmeckt mir schon gar nicht mehr. Die Schokolade ist nicht nur bitter, sie ist schmutzig, wie der Titel der Dokumentation schon sagt.

LaWe

bonanzaMARGOT - 7. Okt, 13:48

ein puzzle-teil mehr, welches sich ins bild einer kapitalistischen ausbeuter-gesellschaft fügt.

Lange-Weile - 7. Okt, 14:02

kaum zu ertragen

Hallo Bo.,

oh jaa...ich kriegte mich gestern Abend gar nicht mehr ein, weil die Herzlosigkeit über meinen gesunden Menschenverstand ging. Kinder zu jagen - zu rauben - zu verschleppen und wie Sklaven zu halten, das bricht jedem das Herz, der ein Funken Mitgefühl hat. Selbst in der Kette der Sklavenhändler kann man in den Gebieten reich werden.

Und wenn ich daran denke, dass an der Schokolade, die ich für wenig Geld gegessen habe, mit Kindertränen und Kinderschweiß gezüchtet und geerntet wurden, bleibt mit jeden Stück im Halse stecken.

Vor 20 Jahre dachte ich, dass wir DDRler zu dumm wären, all die Güter für den Verbraucher zu produzieren, die mich damals in den Supermärkten fast erschlugen. Heut weiß ich, das sie Ausbeutung des Menschen durch den Menschen so subtil ausgefeilt wurde, dass es für mich als Verbraucher nur dankt solch mutiger Journalisten bewusst wird.

Also für mich ist die Schokolade erst mal gestorben.

LG LaWe

bonanzaMARGOT - 7. Okt, 14:08

erstmal getorben. und dann?
es ist wie mit jedem skandal - ob das fleisch, schokolade, konserven, fertiggerichte, kunstkäse etc. angeht. erst fallen die konsumzahlen, und nach einer kurzen weile pendeln sie sich wieder auf dem gewohnten niveau ein. oder? ach ja, es werden jahr für jahr mehr sogenannte bio-produkte konsumiert ..., und inzwischen haben diese etikette dieselben skrupellosen geschäftemacher für sich entdeckt, so dass man heute auch nicht mehr genau weiß, ob bio wirklich noch bio ist.
Lange-Weile - 7. Okt, 14:14

auf den Kopf

Hallo Bo.,

warum schlafen die Verbraucher immer wieder ein?

Aber ich gebe zu, nach einiger Zeit verliert sich auch bei mir der erschütternde Eindruck und langsam weiche auch ich wieder auf.

Trotzdem kann es so nicht weitergehen. Das kann einfach nicht gut gehen und wird uns eines Tages böse auf den Kopf fallen.

LaWe

bonanzaMARGOT - 7. Okt, 14:20

weil wir menschen so sind. und umso schneller das leben abgespult wird, desto vergesslicher werden wir. wir sind in einem karussell gefangen. alles geht viel zu schnell. wir berauschen uns an der geschwindigkeit und verlieren den kontakt zum boden der wirklichkeit.
creature - 7. Okt, 20:13

der ganze mist den wir essen führt dann dazu.

Lange-Weile - 7. Okt, 21:47

paradox

Hallo Creature,

stimmt...die Fettleibigkeit hatte ich im Beitrag vergessen zu erwähnen. Es ist wirklich paradox, was Menschen anderen und auch sich selber antun.

Würde die Kakaobohne zum fairen Preisen von den europäischen Unternehmen erworben, dann würde das Leid der Kinder an der Elfenbeinküste ein Ende haben. Wenn ich es richtig in Erinnerung haben zahlt man 1,50 statt 1,80 Euro - wie in einem Abkommen zu Papier gebracht - an die Plantagen-Bauern.

Aber der Preiskampf der Billigmärkte drückt die Preise und dazu stecken sich Zwischenhändler die Taschen voller Geld.

Auf der anderen Seite wird das Gesundheitswesen mit den extrem übergewichtigen Menschen kaum noch fertig.

LG LaWe

bonanzaMARGOT - 8. Okt, 13:23

der weg von der armut und ausbeutung in der dritten welt, in welche wir wirtschaftlich involviert sind, hin zum supermarkt bei uns um die ecke und unseren freßgelüsten ist einfach zu lang, als dass sich da kritische stimmen mehrheitlich durchsetzen könnten. es gilt das eherne gesetz: aus den augen, aus dem sinn. und: was ich nicht weiß (nicht wissen will), macht mich nicht heiß.
da hift auch die internette vernetzung nicht viel. der verbraucher ist damit meist überfordert. er läßt die schrecklichkeiten, die auf der welt passieren, an sich abprallen. das ist nicht nur engstirnigkeit, das ist selbstschutz.
die meisten menschen haben genug probleme mit sich selbst, ihrer familie, ihren partnern, auf der arbeit ..., da ist einem einfach scheißegal, ob das stück schokolade, das man sich als frustgutzel in den mund schiebt, durch unmenschliche kinderarbeit oder sonstwie grauenhaft irgendwo weitweg hergestellt wurde.
creature - 8. Okt, 16:15

ein leben ohne probleme gibt es nicht, diesen gedanken sollte man schleunigst loswerden, sonst ist leiden garantiert.
die kunst des leben besteht auch darin mit den problemen umzugehen, das ist ein wichtiger schritt in eine gute richtung.
bonanzaMARGOT - 8. Okt, 20:21

sehe ich auch so. ich hasse probleme. aber wenn ich sie überstanden habe, schaue ich voller wohlwollen auf sie zurück.
ein leben ohne probleme wäre wie ein essen ohne kalorien.

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