Montag, 8. November 2010

Untier

Das Untier sah wie ein brauner Biber aus. Die scharfen Zähne fallen aus dem Rahmen und sind immer bereit, sich in irgend etwas rein zu rammen.  Ein plötzliches Ereignis – sowas wie eine kleine Explosion – reißt ihm den Kopf ab. Ich bin erleichtert, denn ich wollte es nicht in meiner Nähe haben und schon gar nicht anschauen. Es löste Unbehagen bei mir aus. Das plötzliche Ereignis hat alles in Nebel versenkt. Als sich der Staub gelegt hatte, erkenne ich das Untier wieder – ein  leblosen brauner kopfloser Körper. Die Explosion hat den Kopf des Untiers abgerissen und der Rest des Körpers ist nicht mehr lebensfähig.

Oder doch noch ?

Das Untier erhebt sich auch ohne Kopf, bewegt sich auch ohne Kopf weiter. Es flüchtet vor mir, denn ich will es fassen. Doch ohne Kopf flutscht es durch meine Hand und schafft es aus meiner Reichweite. Während seiner Flucht wächst der Kopf nach und zuletzt die langen gelben Zähe, die aus dem Maul ragen. Es springt in einen gläsernen Käfig, der sich – bevor ich es ergreifen kann – hermetisch verschließt. Das Untier kann nicht raus und ich nicht rein greifen, es wächst in kürzester Zeit nach und passt grad noch so in seine gläserne Zuflucht. Sein Fell drückt sich an der Scheibe, die ist zum zerbersten gespannt. Stillstand tritt ein und ich erwache erschreckt und angeekelt aus meinem Traum.

Diesen Traum hatte sich unmittelbar nach einen Anfall von Sohnemann eingestellt. Tags zuvor saßen wir zusammen am Tisch und unterhielten uns, wie immer über Gott und die Welt. Plötzlich flog eine Tasche vom Tisch und der Teller folgte. Ich fand den Spaß von Sohnemann etwas übertreiben, so mitten Im Satz sich über den Tisch zu werfen. Im nächsten Moment sah ich, Sohnemann krampft und der Tisch hinderte ihm am Absturz. bestürzt sprang ich auf und zog ihn an den Hüften auf den Boden, damit der Körper genügend Ram hatte.

Mutter besonnen und Mutter in Panik.

Es ist für mich immer wieder  furchtbar mein Kind so da liegen zu sehen. In solchen Momenten scheint die Zeit still zu stehen, deshalb ich laufe in der Wohnung umher, bis ich das Telefon finde. Noch ein paar Minuten löst sich der Krampf und Sohnemann atmet wieder. Zwar schaufend und doch er kommt wieder zu sich zurück.

Mein Traum vom Untier im Glaskasten war der nachhaltige Eindruck und symbolisierte mir aber auch, das die Gefahr immer präsent ist. Es bedarf nur wenig Druck und der Glaskasten zerspringt und das Untier tritt wieder ins Freie.

“Pass auf dich auf”

bitte ich Sohnemann, wenn er wieder seiner jugendlichen Abenteuerlust nachgehen will. Die letzte Erschütterung liegt mir noch mental in den Knochen.

“Pass auf dich auf” geb ich hm noch auf den Weg. als er am Freitagabend mit einem schweren Rucksack auf die Piste zieht. Zufällig haben 2 seiner Freunde mit ihm Geburtstag. Sie werden 20 und 21 – wie Sohnemann – Jahre alt und da ist Tortenessen mit Mutter nicht mehr auf dem Programm. Der Rucksack ist beladen mit schöngeistigen Getränken. “Vergiss nicht, du hast keinen Schutz. Höchstes ein oder zwei Bier, der Rest ist für die anderen” . “Klar” beruhigt mich Sohnemann. Ich kann verstehen, dass er einen drauf machen möchtet, doch er muss sich zurück halten. Besorgt schaue ich ich ihm nach, als er in Feierlaune in die Nacht zieht.

Als ich nachts aufwache, sehe ich, Sohnemann ist nicht da. Aufkommende Sorgen verdränge ich mit logischen Argumenten Er wird bei den Freunden schlafen. Doch meine Unruhe lässt sich nur schwer im Zaume halten. Zum Glück schlaf ich darüber doch noch ein und träume - träume bedrückend über eine Bahnreise.

Diesmal sitz nicht im Zug, sondern in der Lok beim Lokführer. Die Lok nimmt rasant ihre Reise auf. Durch Wiesen, über Berge und Täler. Den nächsten Berg schafft die Lok nicht, die Steigung ist zu hochprozentig und sie hat keine Zahnräder, an denen sie sich hochziehen könnte. Deshalb durchfährt die Lok den Berg durch einen engen Tunnel. Sie passt grad so durch,  kann weiter bei ihrem Tempo bleiben. Trotzdem kommt Unbehagen bei mir auf, die Wände des Tunnels nähern sich der Lok – von der Seite und von oben – nur noch wenig Freiraum. Der Tunnel wird bedrohlich eng und löst Beklemmungen bei mir aus. Die Lok wird vom Lokfahrer nicht gebremst, er ist zuversichtlich. Sein Blick sagt mir: “Es klappt schon” und dämpft mein Unbehagen. Wir  bleiben auf voller Fahrt und die Wände des Tunnels kommen weiter näher, ich sehe keine Öffnung im Fluchtpunkt vor mir.

Mit lauten Knirschen flieg ich in der Lok nach vorn, fast in die Frontscheibe. Die Lok wird abrupt von außen ausgebremst. Der Tunnel ist zu eng geworden, schien während der Fahrt sich doch verengt zu haben. Die Lok passt nicht mehr durch. Teile der Lok haben sich Gestein geschoben und Teile sind so verbogen, dass sie wie ein Widerhaken keinen Rückwärtsgang mehr zulassen. Die Lok ist im unregelmäßigen Tunnelgestein verkeilt. Die Türen lassen sich nicht mehr öffnen, sie haben sich  mit dem Aufprall verbogen und blockieren nicht nur deshalb. Die Tunnelwände drücken von außen an den Türen, verriegeln sie von außen “Wir stecken fest” offenbart mit der Lokführer. Er macht mir die Beklemmung deutlich  als ich mich mit Gewalt aus dem Schlaf reiße um mich kerzengarde in meinem Bett aufzurichten. Wenigsten dieser Fluchtpunkt ist für mich noch erreichbar. Meine Wachheit löst die Beklemmung wieder auf.

Im Gemüt erhitzt gehe ich ins Bad um mir den Schrecken aus dem Gesicht zu waschen. Dabei sehe ich die Schlüssel von Sohnemann am Schlüsselbrett. Er ist wieder zu Hause. Ich bin erleichtert und lege mich noch mal auf´s Ohr. Sicher war seine Nacht lang, schließlich wird man nicht alle Tage 21 Jahre. Sohnemann verschläft das Frühstück und über die Mittagszeit, erzählt mir im Halbschlaf, dass einer seine Freunde ihn in den Morgenstunden per Auto nach Haus gefahren habe.

Die Düfte aus der Küche locken Sohnemann aus dem Bett. Auch die Freunde stehen schon wieder vor der Tür. “Du brauchst jetzt Ruhe” ermahn ich ihn. Ich bin sicher, auf der Party gab es nur flüssige Nahrung. Das Zimmer von Sohnemann ist klein und die Jungs, die rein marschieren sind groß. Einer von ihnen muss sich sogar bücken, wenn er durch die Tür geht. Das Zimmer ist schnell verstopft. “Mach dir keine Sorgen” beruhigt Sohnemann mich. Doch irgendwie kann ich mich nicht ganz beruhigen. “Schick sie wieder nach Hause. Du brauchst Ruhe” “Die wollen nur zocken. Ich bleib dabei im Bett und gucke nur zu” zerstreut Sohnemann meine Bedenken. Widerstrebend überlass ich den Dingen ihren Lauf. Die Jungs bleiben im kleinen Zimmer und  die sich mit gemeinsamen Zocken den Rest des Nachmittags vertreiben wollen.

Ich will nicht schon wieder das Gras wachsen hören. mich von meinen Ängsten steuern lassen und lenk mich mit TV ab, während ein Kuchen im Herd noch vor sich her backt. Der Kuchen braucht nur noch 5 Minute, , dann kann ich ihm aus der Backröhre nehmen.

Plötzlich stürzen die Jungs aufgeregt aus dem Zimmer. "Jo…hat einen Anfall” kommen sie mir aufgelöst entgegen. Ich fühl mich in meinen Traum zurückversetzt, wie in der Lok, die mit einem plötzlichen Ruck stehen blieb. Statt an die Frontschiebe der Lok fliege ich ins Zimmer von Sohnemann. Wie versprochen ist er im Bett geblieben. Nun liegt er auf dem Bett und krampft. Wie fremd wirkt in solchen Momenten mein Sohn auf mich. Seine Seele ist so weit weg, dass ich laut schreien möchte. Im Krampf schiebt der Körper den Kopf zwischen Wand und Bettkante. Der Platz ist wie ein schmaler Graben und so eng, dass der Kopf sich dazwischen verkeilen könnte. Die schnaufenden Töne der Atmung kommen schon aus dem Graben. Ich ziehe Sohnemann an den Beinen zurück, doch sein Körper ist steif und schwer. Die Jungs stehen hilflos um mich rum. Ich kann nur mit Mühe meine Panik unterdrücken. Das Bettlaken ist am Kopfende blutig, doch der Kopf kann nicht mehr in den Graben rutschen. Nur ganz langsam löst sich der Krampf und die Jungs stehen immer noch hilflos um mich rum. Ich nutze diesen Moment für einen kleine Belehrung: “Jetzt wisst ihr, warum ich nicht möchte, das Jo. Alkohol trinkt. Es wird für ihn immer gefährlich” “Ja” antworten die Jungs, doch ich bin mir nicht sicher, dass sie es auch so meinen. Wieder einmal such ich nach dem Telefon und rufe mit zitterenden Händen nach den Sanitätern. Ich kann die Lage nicht kühl einschätzen, zu sehr bin ich emotional gestresst. Als sie Sanitäter wieder gehen, hol ich den Kuchen aus der Backröhre, er ist schwarz geworden. Sohnemann schläft tief und fest ein. Ich sehe mehrmals nach ihm, doch zum Glück kam kein Anfall dazu.

Heut war er bei seiner Ärztin. Die Medikation wurde erhöht,  damit kann die Anfallsgefahr besser kontrolliert werden. 

LaWe

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