Samstag, 23. September 2006

Der Mann, der mit der Maus spielt..

Obwohl ich ahne, was und wie es laufen wird, ich mache mich trotzdem auf den Weg. Menschen können sich ändern, vielleicht haben sie in den letzten Monaten ja geistigen Zuwachs bekommen.

Unsere letzte Begegnung hatten wir Anfang des Jahres in seinem Arbeitsraum. Das Dach über den Kopf dafür gibt ihm die Behörde, in dessen Namen er spricht. Das gibt ihn die Möglichkeit, etwas durch das enge Nadelöhr der staatlichen Vorschriften zu führen, oder auch nicht.

Es kann ja auch sein, dass der Mann blind ist und das enge Nadelöhr ohne Brille nicht mehr so richtig sehen kann. Es kann aber auch sein, dass mein zuständiger Mann im Amt das enge Nadelöhr lieber an den Wünschen der Bürger vorbeiführt. Das gibt ihm die Macht den schwachen Bürger, der sich mehr geduckt als aufrecht auf den Besucherstuhl setzt, kleiner zu machen, als er selbst ist.

Mein letzter Besuch bei ihm im Januar lies zerbrechen, was eine engagierte Kollegin vor ihm mühevoll aufbaute. "Was?" fragte er mich "Was stellen sie sich denn vor" und dabei klickerte er sich durch das Menü seines Arbeitsprogramms. Breitschultrig und aufgebläht saß er auf seinen Sessel und lies das kleine Nadelöhr verglühen, dass es sich für mich damit für immer schloß.

Ich verlies das Zimmer mit einer karikativen Nachwirkung. "Was hat der Mann eben überhaupt gemacht?" lief es wie ein Laufband durch meine grauen Zellen, bis sie fast heiß waren. Sie wollten um jeden Preis ldie Aufgabe ösen, die mein nachwirkender Eindruck ihnen stellte. Als Ergebnis der langen Rechenaufgabe spuckten sie mir folgendes Ergebnis aus "Der Mann im Amt spielt nur mit der Maus".

So wie der "Spatz von Paris" ging er für immer mit dem Slogan "Der Mann, der mit der Maus spielt" als dauerhafte gebrannte Laufspur in meinen geistigen Speicher ein.

Am Mittwoch also hatten der Mann mit der Maus und ich wieder eine Begegnung. Termingercht sitze ich vor seiner Tür, die sich zum vereinbarten Termin jedoch nicht für mich öffnet. Ich denke, dann klopfe ich mal schon vor. Er soll ja wissen, dass ich pünklich bin. Ich höre keine Antwort und prüfe, ob sein Zimmer schon geöffnet. Es ist auf und ich stehe fast schon im Zimmer. "Moment bitte" ich werde aufgefordert, doch vor der Tür zu warten.

Die Aufforderung kommt von meinem Mann, der grad wieder mit seinem Lieblingsspiel beschäftigt ist. Seine rechte Hand liegt auf der Maus und er klickert sich durch das Menü. Ich verberge mein innerliches Grinsen - es ist doch kein geistiger Zuwachs zu erwarten.

Wenig später darf ich seinen Raum betreten, die rechte Hand liegt noch immer auf der Maus. Ich trage mein Anliegen vor. Er sucht die Antwort darauf im Menü und klickert alle Optionen durch. "Ob er wohl fündig wird" flimmert mir meine Hoffnung entgegen. Mein Realitätssinn antwortet: "Mach dir nicht vor. Das macht er nur, damit du siehst, dass er Aktivität zeigt" .

Nach einer Minute klickern bringt er kein Fundstück zu Tage und läßt den Rest im Dunkeln. "Was denken sie sich?" fragt er mich und gibt mir das Gefühl, als hätte ich ein absonderliches Anliegen. "Und überhaupt..." er schwingt sich in seiner Zerredungskunst sprunghaft nach oben.

Ich merke, ich schrumpfe. Der Stuhl auf dem ich sitze, wird mir groß unter meinem Hintern. Teile meines Körper haben schon die Flucht ergriffen, wartet schon auf dem Flur. Doch mein Geist bleibt im Raum und macht, während mein Mann seine Kür im Zerreden weiter mit Bravour absolviert, Serienbilder von dem Mann.

8810-1aIch kann nichts dagegen tun, doch ein Mann schrumpft vor meinen Augen zu einer Karikatur, die in einem selbsternannten Chefsessel sitzt, der Zeit seines Lebens an seinem Hintern angewachsen ist. Er klebt an ihm fest - so daß er nicht einmal mit seiner Frau, sondern nur mit seinem Sessel schläft. Er hat ihn sich schwer erarbeite. Für ihn mußte er die vielen dunklen Gänge der Auscheidungeorgane gegen die Abführrichtung kriechen.

Der Sessel ist nun zum Instrument seiner Macht geworden und nur der Tod kann ihn vom seinem Sesel scheiden. Ein Sterben, der nicht den körperlichen Tod einleitet, sondern das Ende der Bürokratie.

Mein Realitätssinn sagt: "Darauf kannst du noch lange warten . Die Bürokratie überlebt sogar die tausendjährige Eiche"
LaWe

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