verirrtes Nachtgespenst

Die Nacht von Samstag auf Sonntag kam ich erst um 3 Uhr nach Haus. Es war schon mehr als die Einschlafzeit vorbei. Noch etwas aufgedreht im Kopf,lag ich noch eine Weile wach und suchte schleunigst nach meinen ersten erholsamen Tiefschlaf.

Schon etwas abgesackt drehe ich mich auf meine Schlafseite und will grade versinken, als ich aus der Ferne ein Klopfen höre. Meine Ohren spitzen sich unter der Bettdecke, jedoch weigere ich mich, weiter danach zu lauschen und lege meine Ohren wieder an.

Doch das leise Klopfen läßt nicht nach, dringt intervallmäßig an eine Ohren. Es dauert nicht lange und meine spitzer gewordenen Ohren schieben sich wie von selbst unter der Bettdecke vor. Jetzt ist Tiefschlaf nicht mehr zu denken - ich bin hellwach und auf Horchen eingestellt.

Nach kleinen Pausen setzt das leise Klopfen immer wieder ein. Meine gespitzten Ohren schalten auf Orten um und drehen sich wie eine Rundumleuchte eines Polizeiautos, dass auf Gangsterjagt ist.

Von der Wohnungstür? Nein, von dort kommt kein Klopfgeräusch.
Von der Haustür? Nein, das hörst sich so nicht an und mache aber trotzdem eine Blickkontrolle. Die Hauseingangtür kann ich links unter meinen Schlafzimmer einsehen. Niemand steht an der Tür und versucht klopfend ins Haus zu kommen.

Mein Gehirn schaltet jetzt auf Spekulieren um " Das Klopfen kann nur aus Treppenflur des Hauses kommen" lege ich fest. Eine nächtliche Szene zwischen Ehepartnern vielleicht. Er steht vor der Tür und sie will ihn nicht reinlassen? Mit diesem Gedanken kann ich schlalen und ziehe meine Fühler wieder ein und die Decke wieder über meinen Kopf.

Dann zieht auch im Hausflur wieder Stille ein - kein Intervall der Klopfwiederholung. Ich widme mich wieder meinem Tiefschlaf und sinke schon in die erste Stufe ein. und ich kann endlich schlafen. Zum Glück war ich müde genug um nicht noch weitere Spekulationen anzustellen, denn in der Rubrik "Einbrecher" war ich noch nicht angelangt.

Ich konzentriere mich weiter auf Tiefschlaf und drehe mich auf meine Schlafseite und lege noch vorsorglich die Bedecke über mein noch leicht gespitztes Ohr, da klingelt es meiner Tür.

Schon der erste Klingelton schlägt ein wie eine Bombe und erschüttert meine Matratze, Jetzt kann ich aber wirklich meinen Tiefschlaf in den Wind schreiben und springe aus dem Bett.

Ein Blick auf die Uhr - es ist weit über 3 Uhr vorbei. Wer will mich noch zu so später Stunde besuchen? Niemand fällt mir ein, der als Nachtbesucher in Frage käme.

Das Klingeln wird nachdrücklicher und beherzt gehe ich an den Türöffner und nehme den Hörer ab.

"Jaaa, wer da?" frage ich vorsichtig und hoffe, dass ich mich zur Nachtzeit nicht mit einem angetrunkenen Verirrten auseinandersetzen muß: "Hier ist Jörn" eine bibbernde Stimme kommt mir aus dem Hörer entgegen. "Kann ich bei ihnen schlafen?".

Jörn ist ein Kumpel meines Sohnes, ich lasse ihm in die Wohnung. Ich wohne im Erdgeschoß, kann deshalb schon einen ersten Blick auf die gläserne Haustür werfen. Hinter der Scheibe steht eine kleine weiße Gestalt, die wie ein Gespenst aussieht. Zögerlich öffne ich die Tür und vor mir steht eine undefinierbare Gestalt.

Ein weißes Bettlaken, dass er sich über den Kopf gezogen hat, läßt ihn als Nachtgespenst erscheinen.

Vor Kälte zitternd betritt Jörn meine Wohnung. Während ich ihm ein gemütliches Bett herrichte, erzählt er mir seine Geschichte. "Ich war auf einer Party und wollte bei einem Kumpel schlafen. Der war aber plötzlich verschwunden. Dann wollte ich in einem Keller schlafen, das ging aber nicht und auf einer Haustreppe hat es nicht geklappt - ich habe überall gefroren" Ich habe Verständnis und kenne die nächlichen Irrungen nach einer ausgelaufenen Party´s aus meiner eigenen Jugend.

"Ich war noch wach, weil ich ein merkwürdiges Klopfen gehört habe" erzähle ich ihn.

"Ja, das war ich" antwortet er mir.

"Waaaas, das warst du?" frage ich zurück. "Wo hast den denn geklopfT" ich will es jetzt genauer wissen.

"An ihrer Balkontür" erzählt er mir weiter. "An meine Balkontür ????" ich höre mein eigenes fragendes Echo. "Ja" bestätigt er mir "ich bin auf ihren Balkon geklettert und hab dann an die Scheibe geklopft"

Oh mein Gott - denke ich - zum Glück hab ich die Balkontür in meine Spekulation bei der Ortung nach dem merkwürdigen Klopfgeräusch nicht mit in Betracht gezogen. Sonst wäre ich in die Küche geschlichen, entrüstet mich schon mal mit meiner schwersten Bratpfanne ausgerüstet.

Als ich ihm einen warmen Tee an sein Bett stelle sage ich noch zu ihm " Da kannst du aber froh sein, dass ich dir nichts mit einer Bratpfanne übergezogen hab" und dann fält das Nachgespenst schon in den Schlaf und verströmt seine abgestandene Alkoholfahne in den Raum....

LaWe

fata morgana - 3. Apr, 11:22

eine schöne geschichte, das lesen hat richtig spaß gemacht :-)

da bist du sicher als lieber mensch und verständnisvolle gespenstergastgeberin bekannt. sonst hätte er sich wohl nicht getraut, bei dir um diese uhrzeit zu klopfen.

einen herzlichen gruß an dich.

Lange-Weile - 3. Apr, 11:28

verborgenes Verständnis

Hi...Fata Morgana,

ja..obwohl ich manchmal müssrisch oder grimmig gucke, die Jungs nehmen mir das nich ab und lassen sich davon gar nicht nicht beirren. Sie wissen wohl, das ich Verständnis für ihre ersten pupertären Ausflüge habe.

Gruß LaWe

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