Knallharte Zerreißproben
Seid Tagen geht mir der lyrische Text eines der bekanntestes deutschen Lieder der Rockgruppe Karat nicht aus dem Kopf, dessen Refrain so lautet.
Über sieben Brücken mußt Du gehen
Sieben dunkle Jahre überstehen
Sieben mal wirst Du die Asche sein
Aber einmal auch der helle Schein
Texte dieser Art halfen mir in schweren Zeiten, die sicher jeder Mensch einmal durchleben muss. Ich erinnere mich, dass ich damals in einer Ecke kauernd saß und mich mit einen einzigen Gedanken an die Zukunft klammerte: “Wer weiß, warum ich das alles jetzt durchmachen muss. Vielleicht hat alles einen Grund. Und wenn ich dies überstanden hab, dann bin ich wieder frei” Aber es gab auch düstere Gedanken, die jeden Hoffnungsschimmer auf Besserung meiner Lage den gar aus machte: ”Ich werd nie wieder mein Leben zurück bekommen und aus der verzwickten Lage raus kommen. Besser, ich stürz mich in den Tod, dann hat alles Leid ein Ende”
Hoffnung und Resignation schlugen sich auf dem Schlachtfeld meines Lebens. Am Morgen hatte die Hoffnung das Zepter in der Hand und am Abend wieder die Resignation. Ich fühlte mich zwischen diesen Gewalten wie ein Grashalm im Wind und so sah mein Körper auch schon aus. Geschunden von den Kräften, die den Kopf in den Wahnsinn treiben könnten.
Ich erinnere mich an einem Moment, als ich an der Straßenbahnhaltestelle stand. Mein Gehirn war in jeder freien Minute mit dem Konflikt beschäftigt, der mich fast zu zerreißen drohte. Die inneren gegensätzlichen Kräfte bauten sich wieder auf und spitzten sich zu. Mein Kopf schwoll wieder mit widersprüchlichen Gedankengut an, als sie sich in rasend laufende Käfer verwandelten. So, als liefen sie kreuz und quer durch meinen Kopf, berührten sie wie zwei Tausendfüßler meine Kopfhaut von innen. Sie liefen kreuz und quer. Ich wollte sie mit meinen Händen zum Stillstand bringen, doch ich kam nicht in meinen Kopf, ich berührte lediglich die Kopfhaut. Darunter war das große Krabbeln und ich hatte Mühe nicht in Panik auszubrechen.
In dieser Situation fühlte ich mich entsetzlich allein.
Ich machte durch, was viele andere vor mir auch schon durchmachten. Nun war ich an der Reihe, es hatte mich getroffen. Die anderen zerbrachen nicht daran, doch ich drohte nun daran zu zerbrechen.
Ich fühlte mich schwach, weil ich von mir glaubte, nur ich litt darunter. Die anderen steckten Probleme dieser Art viel leichter weg.
Das große Krabbeln in meinen Kopf hielt noch an, da saß ich schon in der Straßenbahn. Die Bahn brachte mich nach Haus – ein Haus, in dem die Hölle Einzug genommen hatte.
Ich besann mich auf die Zeit, als ich noch glücklich war und es keine dunkle Wolke am Himmel gab, die mein Leben eindunkeln konnte. Ich erinnerte mich daran, dass ich in glücklichen Zeiten den Glauben hatte, das wird immer so bleiben.
Dann dachte ich an meine Eltern und Großeltern, die viel schlimmere miterleben mussten. Sie hatten die Kriegsjahre überlebt, doch einige von meinen Angehörigen kamen nicht wieder zurück. Ich verglich die harten Jahre meine Eltern und Großeltern mit der Krise, in der ich grad steckte und fand, dass ich in meinem Leben doch großes Glück hätte und muss die Gewalt des Krieges nicht erleben.
Krieg in privaten Leben gab es bei mir, doch mit Resignation mich aus dem Feld schlagen?
Meine Gedanken im Kopf nahmen wieder Struktur an und liefen ruhiger, gemäßigter und nach einander. Ich fand wieder zu mir zurück und stellte mich der Krise und damit meinen dunklen Jahren.
Meine krisenhafte Situation von damals kam noch mal in Erinnerung, als die Nachrichten über ein Amoklauf einer 41-jährigen Frau am letzten Sonntag berichtet wurde. Sie tötete ihr Kind und den Vater ihres Kindes und einen Pfleger im gegenüberliegenden Krankenhaus, in das sie bis an die Zähne bewaffnet, ihrer Aggressionen weiter freien Lauf gab. Die Nachrichten der Woche deckten ihre Vorplanung zum Amoklauf auf.
Ich frag mich, was in einem Menschen passieren muss, bis er an den Punkt kommt, wie die 41-jährige Rechtsanwältin, die ihre Familie mit wenigen geplanten Handgriffen einfach auslöscht?
Warum müssen Menschen sterben, weil eine Person sich damit nicht abfinden kann, weil das Leben seinen eigenen unaufhaltsamen Lauf nimmt.
Ich denke, Die Frau war eine knallharte Egoistin und zog anmaßend ihrem Sohn und Vater des Sohnes die Boden unter den Füßen weg. Sie sorgte dafür, dass sie ihre Selbsttötung nicht übernehmen musste. Das überlies sie der Polizei, die jetzt noch Schelte kriegt, weil sie die schießwütige Frau mit 17 Schüssen niederstreckte.
Vielleicht, hätte die Amokläuferin, als sie noch Mutter und Rechtsanwältin war, auf die lyrischen Texte von Karat hören sollen. Doch nun ist es zu spät und furchtbar traurig alle Betroffenen und Hinterbliebenden.
musik finde ich aber immer klasse. sie lenkt ab. am liebsten mag ich`s etwas schwermütiger. weil sich dann mein herz freut.
dass mal eine frau amok lief - na ja, ich finde das nun nicht besonders erwähnenswert. ich kenne genügend aggressive frauen.
also frauen mit "potential" zur gewalt. sie machen`s halt meist subtiler.
scheiße ja, dass wieder so viele menschen wegen der dämlichen laune eines menschen sterben mußten.
nicht genug, dass sie sich selbst umbringen, sie müssen noch ein paar andere mitnehmen ... - zur rechenschaft sind sie ja meist nicht mehr zu ziehen. ziemlich feige, ein solches denken und verhalten.
aber was soll`s. man kann in die köpfe und herzen von menschen nun mal nicht reinblicken.