Endspiel

Sie erinnerten mich an ein altes Märchen, dass ich als Kind immer wieder gern sah. Damals wurden wir mit Kinderfilmen nicht so überschüttet, wie heut. Vielleicht prägten sich deshalb bei mir die gezeigten Märchen und Geschichten ein, die für mich auch nach der zigsten Wiederholung nicht an Spannungen verloren. Eins davon war ein Zeichentrickfilm “Die zwölf Monate”. Im Märchen wurde das Steifkind in den tief verschneiten Winterwald geschickt um nach Schneeglöckchen für die Königin zu suchen. Diese hatte eine hohe Belohnung dafür ausgesetzt. Das kleine Mädchen hatte Glück und traf auf die !2 Monate und sie halfen ihr und die Steifmutter erhielt dafür das Gold. Doch die Gier der Steifmutter lies dem kleinen Mädchen keine Ruhe und weil sie unersättlich wurde, verwandelten die personifizierten 12 Monate die Steifmutter und ihre leibliche Tochter – sie war ebenfalls schon der Gier gezeichnet – in kleffende Hunde. Das Gekleff der beiden prägte sich am stärksten und nachhaltig ein und die Erinnerung daran wird aktiviert, wenn ich ähnlichen Menschen begegne.

Über der Wohnung meiner Freundin lebte ein altes Ehepaar, dass ich nie sah aber dafür um so deutlicher hörte. Übernachtete ich mal bei meiner Freundin, hörte ich aus der obersten Etage regelmäßig ein lautes Gekleffe, von zwei Menschen, die sich nicht mehr zu sagen hatten. Erst bellet sie ihn an und er belllte zurück und dann was´s still. Nichts mehr zu hören. “Das machen sie jeden Morgen so” sagte meine Freundin, als sie meine erstaunten Augen sah. Ich beschloss stehenden Fußes, dass aus mir im Alter nie so ein kleffendes Wesen werden soll, wie ich diese menschliche Natur bei meiner Freundin erlebte. Das Ehepaar hatte ich nie zu Gesicht bekommen und später erfuhr ich von meiner Freundin, dass sie beide plötzlich verstorben waren. Erst starb sie und wenig später folgte er ihr in den Tod. Vielleicht kleffen sie sich im Himmel oder Hölle weiter an.

Diese beiden kamen nach vielen Jahren in den letzten Tagen wieder in meine Erinnerung. Ich zog durch einen Supermarkt und packte in den Korb, was ich als nächstes für die Küche brauchte. Fast jeder Kunde war so vertieft wie ich mit dem Einkaufen und kaum nahm jemand den anderen wahr, es sei denn, der Einkaufskorb stand im Weg oder jemand anderes blockiert das Regal, in dem man sich selber grad bedienen wollte.

Doch der laute Wortwechsel zwischen einem Ehepaar riss mich aus meinen Trott. Ich löste meinen Blick vom Gemüse und sah zu ihnen rüber. Er stand direkt am Regal und durchwühlte entschlossen das Angebot. So als hätte ein Kind schon die 3. Tafel Schokolade in der Hand um sie in den Korb zu legen, riss sie ihm aus der Hand, was er grade in den Korb legen wollte. “Das können wir kaufen, wenn wir es brauchen” sagte sie streng und mit scharfen Ton. Ihre Strenge kam nicht nur aus der Stimme, sondern aus jedem ihrer Gesichtszüge. Die grauen Haar streng nach hinten gekämmt, ließen sie härter aussehen, als jeden Mann, der harte Tage hinter sich hat. “Leg das wieder weg” forderte sie ihn auf. Doch er wirkte immer noch entschlossen, er wollte einkaufen, was sie nicht für nötig hielt. Ebenso entschlossen nahm sie ihm die Ware aus der Hand und legte sie wieder zurück. Dann war Ruhe im Schiff.

Wenig später, ich war schon auf der Zielgeraden zur Kasse, begegnete ich das Ehepaar noch einmal. Sie stand bündig am Warenregal und durchstöberte mit viel Hingabe die Papiertücher für die Küche und er ging ca. 1 Meter im Abstand zu den Regalen und hinter ihr her, dabei hielt er seine Hände auf den Rücken

LaWe

creature - 13. Nov, 23:23

schrecklich, solche beziehungen, welch eine verschwendung von lebenzeit.
ich wäre total unglücklich und täte sicher bald sterben!

Lange-Weile - 13. Nov, 23:46

Resignation

Hallo Creature,

ja..erschreckend. Mit wenigen Sätzen, d. h. sie hat ja nur gesprochen, lag die Beziehung der beiden offen. Die Frau hatte die absolute Macht an sich gerissen. Vielleicht büßt er für ein Vergehen ein Leben lang. Der Mann sah zerbrechlich und durchsichtig aus.

Ich stell mir so ein Leben furchtbar vor und für mich unvorstellbar, so ein Leben zu leben.

Ich wünsch dir noch einen schönen Sonntag

Gruß LaWe
bonanzaMARGOT - 15. Nov, 14:31

so kann`s kommen, wenn verbitterung den alltag beherrscht.
aber nicht alles gekeife ist bitterernst zu nehmen.
im altenheim betreue ich auch das ein oder andere ehepaar. bei manchen - was etwas gewöhnungbedürftig ist - gehört es zum gewohnt "herzlichen" umgangston, gemischt mit einer odentlichen portion altersstarrsinn.
wichtig ist, dass es nicht zum krieg ausartet - wie etwa in simenons berühmten und verfilmten roman "die katze".
auch wenn einer der beiden immer den kürzeren zieht und offensichtlich darunter leidet, ist`s manchmal tragisch mitanzusehen. nur kann man sich eben auch nicht einfach einmischen ...

mir sind in der beziehung harmonie und gleichwertigkeit sehr wichtig. streit sollte wie ein unwetter schnell verebben und die ausnahme sein. eine beziehung hat sowieso nur sinn, wenn sie möglichst angstfrei ist.
leider ergibt es sich im langen leben manchmal, dass man lieber in einer scheußlichen beziehung lebt, als allein zu sein.
und um so älter wir sind, desto mehr angst haben wir vor dem allein sein.

Lange-Weile - 16. Nov, 12:16

Machtspiele

Hallo Bo.,

den Film "Die Katze" sah ich mehrmals. Selten hatte mich ein Film mit nur 2 Personen so gefesselt, wie der. Wenn sich Menschen aus Angst vor Einsamkeit zusammentun, ohne dass eine lebendige Basis für eine Beziehung vorhanden war. Ich stelle mir die letzten Jahre des Lebens auf diese Weise gelebt, grausig vor. In jungen Jahren lebt die Hoffnung, dass es ja alles besser werden kann und im Alter gibt es nicht mehr zu hoffen. Und diese Erkenntnis stößt dann sicher auch bitter auf.

Im Yoga hatte ich schon mehrmals Paare, die ähnlich auftraten, wie das Paar, dass sicher ungewollt, meine Aufmekrsamkeit auf sich zog. Die Männer waren sehr feminin und die Frauen maskulin. Während die Männer sich weich schwebend durch Leben gingen, hatten die Frauen Haltungen wie Soldaten. Während er sich breibeinig auf der Matte entspannte, lag hielt sie die Hände eng am Körper mit geöffneten Augen auf der Matte. Ich fand es spannend, auf diese Weise eine Blick auf die innere Beziehung der Paare zu bekommen.

Aber wenn eine Beziehung kriegerisch verläuft, kann das für de Partnerschaft einen Sinn machen. Vielleicht gibt sie ihn das, was andere Frauen nicht können. Solange es beiden gefällt und sie nicht ausbrechen, muss auch das traurigste Spiel zwischen beiden einen Sinnfür sie machen. Und Machtspiele, die sie ein Leben lang begleiten, sind ja in Beziehungen nicht selten.

In meiner ersten und einzigen Ehe stand ich auch plötzlich auf einen Schlachtfeld der Machtspiele. Anfangs versuchte ich den stand zu halten und die Ehe lief. Doch dann hatte ich keinen Bock mehr darauf, ich wollte nicht mehr mitspielen, sozusagen aus dem Spiel aussteigen und von da an ging alles drunter und drüber.

Wirklich traurig ist, wenn jemand in einer Beziehung total resigniert und sich selbst aufgegeben hat. Im Alter stell ich mir das sehr bedrückend vor.

Gruß LaWe
bonanzaMARGOT - 16. Nov, 12:45

ich glaube, dass paare, die mehr als ein halbes leben miteinander verbrachten, sozusagen untrennbar miteinander verschweißt sind, auch dann, wenn sie sehr verschieden sind und mental eigentlich nicht zueinander passen.
meine eltern hatten in der mitte ihrer jahre eine schwierige zeit, aber jetzt im alter nach beinahe 60 jahren ehe harmonieren sie gott sei dank. ich mag mir gar nicht vorstellen, wenn einer von ihnen stirbt ...
obwohl es auch sein kann - ich erlebte es nicht selten im altenheim - dass der übrig gebliebene partner, was meist die frau ist, regelrecht erleichtert nach dem tod des anderen auflebt. dabei dachten wir, dass die frau sich nach dem tod ihres mannes bald aufgeben würde ...; aber so kann man sich irren.
zankereien gehören je nach charakter der eheleute zum alltag. das hat was von seelenhyghygiene. man kennt sich - vielleicht zu gut.
das problem bei vielen alten paaren ist freilich auch, dass man den ganzen tag aufeinander sitzt. wenn dann wenig gemeinsamkeiten da sind, oder sich die dominanz der frau nach der pensionierung des mannes erst richtig zeigt, dann kann es ziemlich haarig werden. na ja, solange der mann noch rauskommt in seine stammkneipe zum frust ersäufen ...

ich kann mir weder heute noch für später ein zusammenleben schwer vorstellen. also, ich meine solch ein dichtes zusammenleben, wie z.b. das meiner eltern.
aber natürlich will ich auch nicht gänzlich einsam im alter vor mich hinvegetieren.
Lange-Weile - 20. Nov, 14:00

Innen und Außen

Hallo Bo.,

p align=justify>von außen betrachtet sah die Ehe meiner Elterm nach der Dominanz meiner Mutter aus. Sie machte ihrem Unmut ständig Luft und reagierte sich dabei an meinem Vater hab. Er reagierte mit eine typischen Haltung. Er hielt seine Hände gekreuzt über seinen Unterkörper. Vielleicht tat es das, um weil er nicht wußte,, wohin er mit den Händen sollte, oder er tat dies, weil er seine Männlichkeit schützte ;-).
Nachdem meine Mutter verstarb, erkennten wir erst, dass alle Fäden der Familie mein Vater in der Hand hielt und dies tat er aus dem Hintergrund.

Ich denke, dass mein Vater viel Kraft hatte und sich deshalb auf das Flügelschlagen meiner Mutter nicht eingelassen hatte. Aber dies wurde mir erst hinterher klar.

In meiner Nähe gab es viele Jahre ein Altenheim. Das war das Schloss Ralswiek, das viele jahre als solches betreiben wurde. Dort spielten sich eine Menge Liebesdramen ab. Die "Alten" wachten noch mal auf und verliebten sich ineinander. Nicht selten kam es vor, dass es zu großen eifersüchteleien kam. Die Dorfbevölkerung bekam das dann besonders intensiv mit, wenn ein Heimbewohner aus Liebeskummer einfach davon lief.

Ich wünsch dir noch ein schönes Wochenende Gruß LaWe

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