gemischte Gefühlen
Der süße Vogel Jugend hinterlässt ein Gefühl von Ewigkeit. Ewig wird die Jungend anhalten und das Alter niemals erreichen. Wie in einem Kokon erlebte ich mich damals in meiner Jugend mit großen Hunger nach Leben. Die Alten waren in meiner Vorstellung schon immer alt, ja vielleicht sind sie schon alt auf die Welt gekommen?
Doch dann kam der Tag, an dem ich über die Schwelle trat und erkannte, dass meine Jugend schon mehr als weit hinter mir lang und die Pseudo-Jugend sich als dumme Blase entpuppte. Nur zögernd wollte ich den aufgeblasenen Ballon aus der Hand lassen. Und als ich es dann doch tat, sah ich ihn noch lange wehmütig nach.
In der Zeit brachte ein Traum Erlösung in meinen gemischten Gefühle von Traurigkeit, Melancholie und Angst vor dem Alter.
- Ich konnte in Traum nicht schlafen, weil etwas fremdes unter meinem Bett stand. Ich gruselte mich, doch erhob ich mich, um nachzuschauen, was mich in der Nacht beängstigte. Als ich drunter sah, erkannte ich meine alte Reisetasche. Ich wunderte mich und es fehlte mir die Erinnerung, warum ich sie unters Bett schob. Sie war schwer in meiner Hand, als ich sie unters Bett vorzog. Was hatte ich schweres in meinen Reisetasche getan und sie dann derart verschoben? Hatte ich etwas vor mir selber versteckt, was mich nun nicht mehr schlafen lies.
- Langsam und mit Bummern im Herz zog ich Stück für Stück den Reißverschluss auf. Als sie halb geöffnet war, sah mich ein toter Kindskopf an. Das Gesicht war bleich, die Augen fest verschlossen. Das gab dem Kind wieder etwas lebendiges, doch es war tot und schon kalt wie eine Hundeschnautze.
- Entsetzen? Wo kommt das tote Kind her? Wie kommt es in meine Reisetasche? Und warum hab ich die Tasche unter mein Bett geschoben? Mein Grusel will kein Ende nehmen.
- Das tote Kind ist schon weiter als ein Baby. Ein ausgewachsenes Kind im Kleinformat.
- Ich fass mir ein Herz und greif dem toten Kind unter die Arme. Ich will es aus der Tasche heben. Die Totenstarre ist schon wieder vorbei. Der Körper liegt schlaff und kalt in meiner Hand. Als ich es aus der Tasche nahm, verschwand es einfach aus meine Hand. Weg..einfach so, als hätte es sich in Luft aufgelöst.
- Aber meine Reisetasche war immer noch nicht leer. Es lag noch etwas drin und das bewegte sich sogar.
- Die Tasche war nun ganz offen, als ich ein weiteres Baby sah. Es lag fröhlich zappelnd auf dem Boden und signalisierte mir mit seinem fröhlichen Zappeln, dass ich es doch auf den Arm nehmen sollte.
- Ich nahm das Baby aus meiner Reisetasche und mit in mein Bett. Herz an Herz schliefen wir ein.
Am Morgen danach war jede Wehmut verschwunden, die mich am Tag zu vor noch im Herzen lag. Ich hatte den süßen Vogel Jungend frei gegeben ohne ihm noch länger nachzuschauen, denn ich hatte ja ein Baby im Arm, auf das ich jetzt schaute. Das Baby war mein neuer Lebensabschnitt.
Bis heut pflege ich das “Baby” der alten Tage. Ss hält mich fit und flott auf den Beinen. Mein Körper kommt ohne Tabletten aus, um zu funktionieren, außer wenn der Kopf brummt und ich irgendwo auf der Matte stehen muss. Den Zustand möchte ich wie meine Eltern noch bis zum letzten Tag meines Lebens bewahren. Der Verfall kann noch etwas warten.
Doch sah ich gestern eher mit gemischten Gefühlen, wie die ganz Alten im Altersheim unterhalten werden.
Für die Alten der Alten ein willkommene Abwechslung und ich war begeistert, was das Altenheim für seine Insassen auf die Beine stellt.
Als ich vorbei ging, waren sie mit Tanz und andere Unterhaltung beschäftigt.
Die Band spielte alte Songs, der Fotograf machte auf Wunsch ein paar Fotos von der fröhlichen Zusammenkunft.
Da fragte ich mich, was ich dann wohl unter dem Bett vorziehen muss, um mich auch auf den allerletzten Lebensabschnitt mit der Leichtigkeit einzulassen, wie ich es mit meinen alten Tagen tat.