verschlungene Wege

Wir wollten etwas gemeinsames unternehmen. Wir..das sind die Eltern unserer Kinder, die in einer Klasse waren. Die Kinder waren schon angekommen, wir Eltern sollten nachreisen. Ich traf mich also mit einem Elternpaar. Sie wollten mich mitnehmen. Deshalb ging ich zu ihnen und die Frau holte mich schon von der Haustür ab. Sie leben in einem monströs großen Hochhaus. Ich lief ihr bis zur Wohnungstür nach.

Die Raumaufteilung ging von einem ellenlang großen Flur aus. Zahlreiche Türen konnte man öffnen, um in die Wohnräume zu gelangen. Geschäftiges Treiben auf dem großen Flur…die Familie teilte sich die Räume mit anderen Familien. Der größte Teil der Räume befand sich hinter Türen, andere, besonders große Räume, teilen die Familien sich. Eine Unsichtbare Wand schien mitten durch diese Räume zu gehen. Jeder abgeteilte Raum war anders eingereichte. Als ganzes sah die Gemeinschaftsräume zusammengewürfelt aus. Ich musste mich erst daran gewöhnen, dass so viele Menschen nicht nur unter einem Dach, sondern auch in einem Raum leben können, ohne sich auf die Neven zu gehen.Vielleicht lag es daran, das niemand die unsichtbare Grenze, die die unsichtbare Mauer darstellte, überschritt.

Das Elternpaar hatte noch einiges wichtiges zu erledigen. Sie liefen geschäftig umher und hatten kaum Zeit, sich um mich zu kümmern. Jeder von ihnen wechselte ein paar Worte im Vorbeigehen mit mir. Sie waren höfliche Menschen. Wenn er zu mir sprach, dann hüllten seine warmen Worte mich wie in eine kuschlige Wolldecke ein. Und überhaupt, er hatte eine Ausstrahlung, die mich an meine kindliche Natur erinnerte. Eine Natur, die noch nichts böses gesehen und deren Seele noch keine Wunden hat. Er war kein junger Mann mehr, er war kein schöner Mann, er hatte etwas, das mich an meine kindliche Natur erinnerte. Damals sah ich die Welt in seiner vollen Schönheit, die dunkeln Ecken entdeckte ich erst später.

Ich wollte mich nützlich machen und fand auch schnell eine Möglichkeit. Ein prall gefüllter Müllsack stand in der Nähe der Wohnungstür. Die sollte bestimmt entsorgt werden. Ich trage in in den Hinterhof. Die Treppe nach unten ging direkt in den Hinterhof. Was mich jedoch wunderte, denn ich verlies die Wohnung durch die Tür, durch die ich die Wohnung betrat. Aber ich kam ja nicht über den Hinterhof in die Wohnung. Merkwürdig.

Im Innenhof standen die Mülltonnen und ich entsorgte den prallen Müllsack. So richtig sicher war ich mir nicht, ob das Elternpaar mitbekommen hat, wohin ich entschwunden war. Aber sie werden es sich denken können, denn den Müllsack kann ja nur ich entsorgt haben. Meine Abwesenheit sollte auch nur kurz sein.  Mit großen Sprüngen will ich die Treppe wieder nach oben steigen, das sieht schon aber wieder ganz anders aus. Wo waren meine Augen, als ich der Frau folgte, wo waren meine Augen, als ich im Treppenhaus nach untern ging? Hab ich dieses Wirrwarr an Treffen vorher nicht gesehen?

Die ersten Stufen, die ich nehmen kann, haben etwas von einer Schlosstreppe. Wie ein Flussdelta breitet sie sich vor mir aus. Sie hat etwas von einem erhabenen Sog. Ich sehe mir den Verlauf der Treppe an. Sie wird nach oben hin immer enger, sie verjüngt sich bis zur kompletten Zuspitzung. Die seitlichen Geländer stoßen zusammen. Die räumliche Weite der Treppe ist eine optische Täuschung und entpuppt sich schon beim genauen Hinsehen als eine Sackgasse und wer sich sogar bis zum Schluss hineinzwängt, wird in ihr hängen bleiben. Komisches Treppenhaus. Dabei sah das Haus von außen ganz normal aus.

Etwas zurück gesetzt erkannte ich die echte Treppe und wollte schnell hinauf stürmen. Als ich vor der Treppe stand, sah ich eine zweite Treppe, die ich nehmen könnte. Was sie voneinander unterschied, war ihr Anstrich. Eine war grün, die andere war gelb gestrichen. Jetzt wird es bunt und ich erinnere mich trotz größter Bemühung nicht daran, welche Farbe die Treppe hatte, auf der ich in den Innenhof gekommen war. Das hab ich nun davon. Wieder zeigt sich, das man Bekanntes nur noch oberflächlich ansieht. Aber ich möchte das Elternpaar nicht auf mich warten lassen. Vielleicht haben sie noch gar nicht bemerkt, dass ich mich davon gemacht habe.

Ich entscheide mich für die grüne Treppe nach einer ganz banalen Regel “Grün ist die Hoffnung” – das kann nicht der falsche Weg sein. Beim genaueren Hinsehen erkenne ich, dass die gelbe und die grüne Treppe sich ab und zu kreuzen. ich könnte also wechseln, ohne ins Treppenhaus zu fallen. Ich halte mich an den grünen Weg und nutze die Kreuzungen nicht. Einmal entschieden und so soll es dann auch bleiben und steige Etage um Etage nach oben, aber Türen finde ich keine. Statt dessen stehe ich vor Mauern. Komisches Treppenhaus. Die Möglichkeit von grün auf gelb zu wechseln habe ich nicht mehr. Die gelbe Treppe hat sich entfernt, Kreuzungen mit der grünen sind nicht mehr zu erwarten, bin ja schon fast ganz oben.

Ich habe mich für grün entschieden und steige weiter nach oben und endlich, endlich  treffe ich auf eine Tür. Sie ist so grün wie die Farbe der Hoffnung. Als ich klingeln will, muss ich erkennen, ich stehe vor einer Blind Tür. Sie ist täuschend echt aufgemalt, auch der Klingelknopf. Alles nur eine Attrappe, eine  optische Täuschung. So finde ich das Elternpaar nicht mehr. Das Treppenhaus entpuppt sich für mich zum Irrenhaus oder habe ich mich geirrt?

Also klingel ich noch mal und noch mal…und glaube ein Klingeln zu hören…also doch die Tür ist echt, das klingen ist echt und werde wach. Es ist 7.30 Uhr und mein Wecker arbeitet schon seid 6.30 Uhr daran, mich aus dem Traum zu holen….nach 60 Minuten hat er es geschafft. Ich bin wach und verlasse mit einem Augenaufschlag das Irrenhaus mit seinen verwirrenden Treppen, was bleibt ist das gute Gefühl an meine kindliche Natur, die sich hinter einer der zahlreichen Türen in einem irren Treppenhaus versteckt hält..

LaWe

bonanzaMARGOT - 7. Okt, 11:06

da hast du einen fantastischen traum aufschreiben können!
vielleicht steht dieses haus für deinen kopf - aber auch für die verworrene welt, die sich ständig verändert.

Lange-Weile - 7. Okt, 16:02

Kein Zurück

hallo Bo.,

ich denke auch...der Traum mir die Hirnwindungen gezeigt hat und das die Wege um den einen geliebten Ort zu kommen, sehr unterschiedlich sein können. In Falle meines Traumes brauchte es einen Impuls von außen. Was im wahren Leben ja auch öfter geschieht. Ein Wort, ein Satz oder ein zufäliger Blick stellen für einen kurzen Moment wieder eine Verbindung zur Vegangenheit her. Die emotionale Erinnerung arbeitet mit gefühlten Bildern.

Und wieder mal fand ich den Weg allein nicht mehr zurück. Ähnliches träumte ich schon mal.Damals war ich im Traum bei meiner verstorbenen Familie und auch in dem Traum war ich nur kurz weg und fand anschließend den Weg nicht mehr zurück.

So wie es in wahren Leben ist..ein Zurück auf dem Zeitstrahl gibt es nur im Filmen oder Träumen. Weder kann man wieder ein Kind werden, noch kann man seine Familienangehörigen vom Himmel zurück holen.

Ich wünsche dir noch einen schönen Sonntag. Hier in Rostock haben wir April-Wetter. Sonnenschein und Schauer wechseln sich ab.

LG LaWe
bonanzaMARGOT - 7. Okt, 16:10

hier ist es wettermäßig nicht viel anders - oktobermäßig halt.
vorhin brachten sie in einem kanal eine doku über die sonne. wahnsinn, was auf den bildern an sonnenstürmen, koronarexplosionen etc. alles zu sehen war. dieser gewaltige sonnenkörper, der die energiequelle für unsere biosphäre darstellt. aber auch zur größten gefahr werden kann.
meine eltern leben noch. sie waren ein stück weit meine sonne, damit ich wachse ... und gedeihe. ich bin heute in dem konflikt, wie viel ich ihnen eigentlich schuldig bin.
sind wir unserer sonne etwas schuldig?
ich hadere.
Lange-Weile - 7. Okt, 16:33

nichts schuldig

Hallo Bo.,

ich denke, dass man seinen Eltern nichts schuldig ist, vielleicht dankbar. Wenn man als Erwachsener erkennt ode erkannt hat, dass die Eltern im Rahmen ihrer Möglichkeit für ihren Nachwuchs alles getan haben, was in ihren Kräften lag, dass stellt sich die Dankbarkeit ebenfalls ein.

Sie haben mir bzw. dir gezeugt und ins Leben geführt. Wenn man es genau betrachtet, ist das Leben alles was der Mensch hat. Und dieses soll erhalten werden...essen, trinken..mehr braucht es nicht. Als Zugabe die Zuwendung und die Liebe..dann gedeiht der Mensch schon prächtig.

Wobei die Elternliebe wieder umstritten sein kann. Lieben Eltern ihre Kinder weniger, wenn sie streng oder antiautoritär sind?

LG LaWe

Trackback URL:
https://langeweile.twoday.net/stories/156272705/modTrackback

In den Wind geschrieben

hat Tränen aus dem Haus getrieben

alles muss raus

vermüllt bis zum...
Als braver Bürger trenne ich den Müll sorgsam, so wie...
Lange-Weile - 20. Aug, 13:27
Nostalgische Erinnerung
Als ich Federhalter, Feder sowie das kleine Tintenfass...
Lange-Weile - 14. Aug, 14:25
Für alle Sushi Friends
Beeindruckender Film, auf jeden Fall sehenswert. Hat...
sushi-friends - 11. Apr, 14:40
Hallo Lo.
..ja ich denke, er hätte sich gefreut, auch wenn mein...
Lange-Weile - 20. Aug, 08:50
Ein schöner Nachruf...
Ein schöner Nachruf...
Lo - 19. Aug, 12:46

Das Neuste von

Hallo ;-)

meine Randbemerkungen

Achja...
das wusste ich gar nicht. Diese Art feinsinnigen Humor...
abendGLUECK - 5. Mai, 09:48
wie makaber ;-) Bei...
wie makaber ;-) Bei uns wurde es ähnlich, aber anders...
abendGLUECK - 4. Mai, 08:13
Gegenmittel
Hallo Bo., gestern las ich über eine amerikanische...
abendGLUECK - 25. Apr, 11:03

Abendstimmung

Suche

 

Wer bist du?

Online seit 6728 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:08

Albtraum
Alter Schwede
Betrachtung
Experiment
Fragen
Glücksliste
Kurzmitteilung
Musik
Nachklang
Rätsel
Spaß Ecke
Stadtbilder
Stöckchen
Tage im Fluss
Traumzeit
Witzecke
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren