Freitag, 9. März 2007

ich bin ein stiller Zecher

Der Abendausklang war lang. Nach dem Abendbrot noch Elternversammlung. Noch einmal kommen Eltern, Schüler und Lehrer zusammen. Die Lehrer bereiten uns auf die bevorstehende Prüfungszeit vor.

Doch bis mein Sohn und ich uns auf die Schulbank setzen um uns die Schrecken der bevorstehenden Prüfung gemeinsam noch einmal auf der Zuge zergehen zu lassen, flanieren wir durch die Stadt, schlendern durch Nebenstraßen Richtung Schule.

Das ist DIE Gelegenheit für mich, meinen Sohn ein bißchen abzutasten. Mal horchen, was in seinm Kopf sich so im Kreise dreht. Unter den vielen Gedankensplitter erkenne ich keine Schulthemen. Doch dafür sorgt wenig später seine Lehrerin und zeigt den schmalen Grad zum Abschluß auf. Der Weg bis dahin schmal und hat noch einige Stolpersteine.

Dann stolpern wir nach draußen und zur Straßenhaltestelle. Aber bevor wir uns bis zur nächsten Bahn die Beine in den Bauch stehen, entschließen wir uns, der Bahn entgegen zu gehen.

Auf halben Weg sehe ich schon aus der Ferne, wie ein Plastikbeutel in der Luft wedelt. Wenig später erkenne ich den Mann, der mit der Plastiktüte schwingt und um Standfestigkeit ringt. Seine Beine knicken ein und die Arme umschlingen den großen Pfeiler, seine Augen schauen in unsere Richtung.

"Ach nee" denke ich und mache in Gedanken schon einen großen Bogen um den schwankenden Mann.

"Können sie mir helfen" fragt der wankende Mann uns schon entgegen.

Ich gebe mir einen Ruck, vielleicht will er ja bloß Feuer für eine Zigarette haben "Was wollen sie denn"? frage ich ihn .

"Ich hab etwas getrunken und schaffe den Weg nicht mehr nach Haus. Können sie mir helfen?"

Er schaut mich mit glänzenden Augen an. Ich kämpfe gegen mein Mitgefühl für seine Situation. "Selber Schuld" untersetze ich meinen Ablehnung und ich ringe gegen meine Hilfsbereitschaft.

"Ich wohne da hinten" Er zeigt auf das Hochhaus in der Nähe. Seine Hausnummer ist nur 50 Meter entfernt.

"Ich schaff das nicht mehr nach Haus"

Ich sehe in seine Augen und neben dem Alkoholspiegel, der in seinen Augen schimmert, erkenne ich einen freundlichen Mann, der wahrscheinlich nur heut einen über den Durst getrunken hat.

Mit einem tiefen Atemzug hänge ich mich stützend in seinen linken Arm und mein Sohn stützt seine rechte Seite. Jetzt macht er seinen ersten Versuch, sich vom Pfeiler zu lösen und ist erleichtert, er fällt nicht mehr um.

Schritt für Schritt tasten wir uns voran, geht es vorwärts. Ab und zu merke ich, dass seine Knie einsinken wollen, ich stemme meine Willenskraft dagegen, visulisieren einen Brückenpfeiler.

"Ich will um 3 Uhr noch in den Club" gesteht uns der hilflose Mann auf dem Weg nach Haus.

"Na, dat wird wohl nix mehr" verrate ich ihm und ermuntere ich ihn weiter zum laufen, damit er mir vor Haustür zu guter Letzt doch noch nicht in die Knie geht.

"Oh oh .. mein Arzt wird morgen mit mir schimpfen" melden sich sein Schuldgefühle.

"Warum" frage ich.

"Ich hab morgen einen Arzttermin"

"Na, wenn sie gleich ins Bett gegen, dann sind sie morgen bestimmt wieder frisch" mache ich ihm Mut. Doch innerlich bin ich überzeugt, dass er den nächsten Tag statt bei seinem Arzt wohl eher mit einem auswachsenen Kater verbringen wird.

Nach einigen Knickebeinen erreichen wir seine Hausnummer. Das Klingeln übernimmt der schwankende Mann allein. Sein Zeigefinger zieht ein paar Kreise über die Klingelwand der huntert Bewohner. Doch dann setzt er ihn sicher auf den Klingelknopf. Eine Frauenstimme meldet sich "Ich bin das" sagt er. Sie betätigt den Summer, zwei Meter hinter ihm ist die Eingangstür. Das ist eindeutig zu weit für den schwankenden Mann, wir stützen ihn noch die letzten zwei Meter und glücklich schwankt er sein Haus.

Wir verabschieden uns und er wankt mehrmals dankend - die Plastiktüte weht in der Luft - zum Fahrstuhl.

Das ist der erste Mann, den ich in meinem Leben abgeschleppt habSmileyCentral.com

LaWe

In den Wind geschrieben

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